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50 Jahre Pfadfinder Wolfurt

Als bei zahlreichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Wolfurt der Ruf nach einer Jugendorganisation abseits der Ministranten in den 60er Jahren immer lauter wurde, haben ein paar Jugendliche die KAJ reaktiviert und im Herbst 1967 in die Pfadfindergruppe Wolfurt umgegründet. Am 11.10.1967 fand im Schwanensaal die konstituierende Sitzung statt. Die Satzungen des Vereins wurden im November geschrieben, am 21.12.1967 folgte der „Bildungsbescheid der Republik Österreich“ der die Pfadfindergruppe Wolfurt als Verein anerkannte. Als Gruppenfeldmeister (Gruppenleiter) wurde Bertram Thaler eingesetzt. Die Leitung der zunächst einzigen Pfadistufe (nach heutiger Struktur ein Mix aus Spähern und Explorern) war bei Josef Mangler und Norbert Mittersteiner. Anfangs nur für Burschen gedacht, wurde der neue Verein in den ersten Jahren von den Kindern und Jugendlichen gleichsam überrannt und fand rasch einen fixen Platz im Wolfurter Vereinsgeschehen. In dieser ersten Zeit wurden die noch unerfahrenen Leiter tatkräftig von den Dornbirner Pfadfindern bei der Ausbildung, aber auch in den Heimstunden und bei gemeinsamen Lagern unterstützt.

Am 15.3.1968 fand im Gemeindeamt Wolfurt die Gründungsversammlung statt. Die Mitglieder des ersten gewählten Vorstandes waren: Gerhard Hammer (Obmann), Walter Leuthold (Obmann Stellvertreter), Josef Natter (Kassier bzw. Schatzmeister) und Alwin Gunz (Schriftführer). Erster Kurat war Kaplan Pius Fässler. Vom 18.3.1968 liegt eine erste Mitgliederliste mit 67 Pfadfindern vor.

Schon an Pfingsten 1968 fand das erste Pfadilager in Mellau statt und im Frühjahr desselben Jahres wurde die erste Altpapiersammlung durchgeführt. Mit Handkarren wurde über mehrere Tage im gesamten Ortsgebiet Papier gesammelt und im Hof der Hauptschule zwischengelagert. Die Altpapiersammlungen wurden bis zum Jahr 2014 eine regelmäßige und fixe Einnahmequelle des Vereins. Bei den insgesamt 95 Sammlungen wurden über die Jahrzehnte an die 3 Millionen Kilogramm Papier gesammelt und einer Wiederverwertung zugeführt.

Bereits sehr schnell wurde klar, dass im Sinne einer ganzheitlichen Kinder- und Jugenderziehung auch die Burschen im Volksschulalter zu den Pfadfindern kommen sollten. Neben den „Pfadfindern“ (Spähern) wurden im Dezember 1968 die Wölflinge gegründet, im Herbst 1969 startete eine eigene Rovertruppe.

Am 17.1.1970 fand der erste Pfadfinderball im Vereinshaus statt. Damals noch einer von vielen Dorfbällen im Veranstaltungskalender, ist der Pfadi- und Möweball nun seit vielen Jahrzehnten eines der absoluten Highlights während der Faschingszeit in unserer Gemeinde. Das Programm gilt nicht nur unter Pfadfindern seit langer Zeit als besonders sehenswert, einige Darbietungen sind unvergessliche Klassiker geworden: Schwanensee, die Russen am Roten Platz oder die Eröffnung der Begegnungszone haben sich in der Erinnerung festgesetzt. Mit dem Lied „Ein bisschen kriegen“ aus dem Programm 2004 gelang sogar die Teilnahme am Protestsongcontest im Rabenhof in Wien. Aus über 350 Einreichungen wurde das Lied auf den 7. Platz gewählt!

Bereits im Jahr 1974 wurde die erste Vereinszeitung herausgegeben: „Scouting“. Viel mehr als ein Heft kam unter diesem Namen nicht zustande. Ab 1980 folgte „d´Funzl“ und schließlich ab Mai 1985 „d´Schelfara“, die nach wie vor vierteljährlich erscheint.

Am 1.3.1975 wurde die erste Wichtelstunde abgehalten. Auch Mädchen wollten zu den Pfadfindern und nicht nur in der „Marianischen Kongregation“ aktiv sein. Bereits im März 1976 wurden die Guides und Ende desselben Jahres die Caravelles gegründet. Beim ersten gemeinsamen Start aller (damals aktiven) Stufen im September 1975 nahmen bereits über 100 Kinder und Jugendliche teil. Der Start am ersten Samstag im Schuljahr gilt seither als Fixbestandteil eines jeden Pfadfinderjahres.

In der Öffentlichkeit machten sich die Pfadfinder in den ersten Jahren nicht nur mit Altpapiersammlung und Ball einen Namen. Mit der ersten „Dicothek“ am 25.4.1976 im Vereinshaus wurde eine lange Tradition großer Partys und Feste begonnen. Manche Partys wurden legendär, andere haben es – auch im negativen Sinne – bis in die Schlagzeilen der großen Tageszeitungen und ins Fernsehen geschafft. Intern sind die ersten Jahre auch durch die Teilnahmen an zahlreichen landesweiten Aktionen geprägt. So nahmen die einzelnen Stufen an den jährlichen Schirennen sowie an verschiedensten Landesaktionen, wie Wölflingsolympiade oder LandesPWK teil. Die Explorer machten im Jahr 1974 sogar am BundesPWK in Haslach (Oberösterreich) mit, nachdem sie – niemand weiß, wie dieses Kunststück gelungen war – die Landesauscheidung gewonnen hatten.

Das Sommerlager war und ist der alljährliche Höhepunkt des Pfadijahres. Während die Wichtel und Wölflinge in aller Regel in Hütten innerhalb von Vorarlberg lagern, zieht es die älteren Stufen immer schon in die Ferne. Bereits im Sommer 1972 waren Leiter und Rover beim Euroscout Jamborette in Rotterdam, im Sommer 1973 waren die Späher erstmals im Ausland und hatten ihr Sommerlager in Colico am Comer See. Bis heute wurden beinahe alle Länder in Europa besucht. Auch die Teilnahme vobn Wolfurter Pfadfindern an den World Scout Jamborees der vergangenen Jahrzehnte in Großbritannien, Schweden, Japan und den USA sollen nicht unerwähnt bleiben. Insbesondere in den späten 70er bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es immer wieder ein eigenes „Pfadibüsle“ mit dem beispielsweise im Sommer 1980 bis ans Nordkap gefahren wurde.

Eine alljährliche Tradition ist der Leiterausflug. Dies ist – neben der im Herbst stattfindenden Klausurtagung – eine der besonders geselligen Aktionen, die dazu beitragen, das Leiterteam zusammen zu schweißen. Viele dieser Ausflüge sind legendär und bleiben in Erinnerung: Innsbruck (1973), Südtirol (1978), Tessin (1980), Cannobio (1990), Toskana (2014), Elsass (2016) oder Lago Maggiore (2019), um nur einige zu nennen.

1976 wurde die Gegend um Udine von einem heftigen Erdbeben erschüttert. Pfadfinder aus Vorarlberg, darunter auch einige Wolfurter halfen damals, in der am stärksten betroffenen Gegend Häuser aufzubauen. Auch nach dem Erdbeben in Süditalien im August 1981 waren wieder einige von uns am Ort der größten Zerstörungen um beim Wiederaufbau zu helfen.

Anfang April 1981 gab es den ersten Flohmarkt im Vereinshaus. Ein ganzes Jahr lang wurde gesammelt, mehrere Häuser wurden angemietet um die abgegebenen Kostbarkeiten aufzubewahren und schließlich am 4. und 5.4.1981 zu verkaufen. Ein Teil des Erlöses floss schon damals in eine soziale Aktion; sie führte zur Gründung des Weltladens. Der Zuspruch war so groß, dass seither mehr oder weniger alle drei Jahre ein Flohmarkt abgehalten wird. Der Sammelzeitraum beträgt mittlerweile eine Woche und zusätzlich zum Vereinshaus stehen uns zwischenzeitlich ein Außenzelt und der gesamte Cubus zur Verfügung. Von den Einnahmen beim Flohmarkt werden jeweils nennenswerte Summen für soziale Zwecke eingesetzt, der Rest kommt der Gruppe zugute und stellt eine der wesentlichen Einnahmequellen dar.

Mit dem Schaulager an Pfingsten 1982 anlässlich „15 Jahre Pfadfinder Wolfurt“ begann die lange Tradition der Jubiläumslager an der Ach. Das bisher letzte und zugleich größte Schaulager fand anlässlich unseres 50-jährigen Bestehens im Mai 2017 statt.

Im Herbst 1983 machten schließlich die PWA („Pfadfinder wie alle“ – Pfadfinderinnen und Pfadfinder mit einer Behinderung, früher: PTA – „Pfadfinder trotz allem“) unsere Gruppe komplett. Die Wolfurter PWA haben sich seit ihrer Gründung kontinuierlich zu einer großen Runde entwickelt und sind ein fixer Bestandteil unserer Gruppe, der aus dem Gruppenalltag nicht mehr wegzudenken ist.

Innerhalb der Gemeinde fielen die Pfadfinder immer wieder durch besonders kritische und fortschrittliche Aktionen auf. Ein Beispiel war der Wolfurter Fahrradtag für den in Zusammenarbeit mit Gabor Mödlagl ein eigenes Fahrradkonzept für die Gemeinde ausgearbeitet wurde. Es wäre sicherlich anmaßend zu behaupten, dass die derzeitige Situation im Hinblick auf die Fahrradstraßen aus der Initiative der Pfadfinder entstanden ist, aber einige Bereiche des 1988 ausgearbeiteten Konzeptes wurden tatsächlich umgesetzt!

Der Verein durchschritt in den vergangenen fünf Jahrzehnten naturgemäß zahlreiche Höhen und Tiefen. Zu den Tiefen gehörte insbesondere der Brand des Pfadiheimes in der Nacht vom 6.3.2003. Der von der Gruppe in unzähligen Stunden umgebaute Stadel brannte bis auf die Grundmauern ab und musste abgetragen werden. Doch dieser Brand hatte auch eine positive Seite: Bereits nach wenigen Tagen stellte uns die Gemeinde ein provisorisches Vereinslokal an der Ach zur Verfügung und im Herbst 2004 konnten wir, nicht zuletzt dank der großzügigen und völlig unbürokratischen Unterstützung durch die Gemeinde unter dem damaligen Bürgermeister Erwin Mohr, mit dem Neubau des Heims beginnen. Etwa 5.500 ehrenamtliche Arbeitsstunden wurden unter der Bauleitung von Stefan Küng geleistet, das sehr großzügige und energetisch einmalige Haus wurde bereits im Herbst 2005 von allen Stufen in Besitz genommen. Im Frühjahr 2006 konnten wir die Eröffnung mit einem großen Fest feiern, im Herbst desselben Jahres wurde das Gebäude beim Landeswettbewerb „Menschengerechtes Bauen“ ausgezeichnet.

Im Sommer 1993 fand erstmals ein Gruppenlager – ein Lager für alle Stufen der Pfadfinder -, damals gemeinsam mit der Pfadfindergruppe Lauterach, in Au statt. Hier waren zum ersten Mal auf einem großen Lager auch die Altpfadfinder vertreten. Diese trugen maßgeblich dazu bei, die Stimmung, die nach vielen Tagen Regen und Schnee schon ziemlich am Boden war, wieder zu heben. Gruppenlager wurden in der Folge erst wieder 2009 abgehalten: Das „GrüSOLA“ in Schwarzenberg mit gut 200 Teilnehmern und Gästen aus Sierra Leone, den USA, Luxemburg und Hongkong wurde vom ORF in einem „Österreichbild“ als TV-Dokumentation verewigt. Nicht zuletzt die spektakuläre Evakuierung des Lagergeländes infolge der dramatisch anschwellenden Bregenzerach trug zum noch heute legendären Ruf dieses Lagers bei. Am „Wellaweag“ im Sommer 2013 waren dann tatsächlich alle Stufen mit dabei und auch dieses Lager bleibt mit der Versprechensfeier am Diedamskopf sowie dem „Superköchetag“ unvergessen. Bei dieser Aktion wurden Köche aus ganz Vorarlberg – von Lech bis Bregenz – eingeladen, mit den Lagerteilnehmern auf offenem Feuer zu kochen.

In den vergangenen Jahren wurden uns für verschiedene Projekte Preise überreicht. Der zweite Platz beim Jugendprojektwettbewerb für die „Drahteselrallye“, der „Mitwelt- und Solarpreis“ für das GrüSOLA im Jahr 2009, der „Integrationspreis“ des Landes Vorarlberg sowie der Hauptpreis der PPÖ anlässlich des „Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit“ für unser Projekt „United Colors of Wolfurt“ im Jahr 2011 oder der Vorarlberger „Kinderrechtepreis“ 2014 für den Superköchetag am Wellaweag sollen stellvertretend für weitere Auszeichnungen genannt werden.

Heute, über 50 Jahre nach der Gründung lebt der Verein und ist aktiver als je zuvor. Wir versuchen auch weiterhin nach bestem Wissen eine offene, verantwortungsbewusste und wertschätzende Kinder- und Jugendarbeit zu leisten. In den wöchentlichen Heimstunden, den monatlichen Gruppenrats- und regelmäßigen Elternratssitzungen wird die Vereinsarbeit geleistet, Herbst-, Winter- und Sommerlager gehören zum normalen Jahreszyklus.

Die Pfadfindergruppe Wolfurt besteht aus Wichteln und Wölflingen (Mädchen und Burschen im Alter von 6 – 10 Jahren), Guides und Spähern (Mädchen und Burschen im Alter von 10 – 13 Jahren), Caravelles und Explorern (Jugendliche im Alter von 13 – 16 Jahren), Rangern und Rovern (Jugendliche bzw. junge Erwachsene im Alter von 16 – 20 Jahren) sowie den PWA. Diese 9 Stufen mit über 140 aktiven Mitgliedern werden verstärkt von über 100 Altpfadfindern. Gut 30 äußerst engagierte Leiterinnen und Leiter gestalten Woche für Woche ein abwechslungsreiches Programm und leisten so Jahr für Jahr hunderte ehrenamtliche Stunden. Getragen wird dies alles von einer sehr umsichtigen Vereinsleitung, die sich um möglichst optimale Rahmenbedingungen für die Gruppenarbeit kümmert.

Schließlich hat uns unser Gründer Lord Baden Powell eine wichtige Botschaft mit auf unseren Weg gegeben: „Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen als Ihr sie vorgefunden habt.“ Und daran arbeiten wir auch weiterhin, versprochen!